Auf Grund der aktuellen Diskussion über Flüchtlinge besuchte die Lohrer SPD das „Haus St. Michael“ in Neustadt. Dort werden im Reha Zentrum „Erthal Sozial Werk“, unter Leitung von Dipl. Sozialpädagogin Frau Ilona Englert, seit 12. März unbegleitete minderjährige Flüchtlinge aus verschiedenen Krisengebieten betreut. Mittlerweile zählt die Einrichtung 12 Bewohner aus den Ländern Afghanistan, Eritrea, Pakistan, Syrien und dem Kosovo, die sich den Lohrer SPD'lern voller Stolz auf „Deutsch“ vorstellten.
Es sei mehr als bemerkenswert, in welch kurzer Zeit die allesamt männlichen Jugendlichen Deutsch lernen würden, so Martin Schauder, Gruppenleiter der Einrichtung. Sogar in der Lohrer Mittelschule fördere ihr Drang zum Lernen das gesamte Lernverhalten der einzelnen Klassengemeinschaften, ergänzte Aida Sayegh, die sich ebenfalls um die minderjährigen Hausbewohner kümmert.
Sehr erfreut zeigte sich Ortsvorsitzender Sven Gottschalk darüber, dass sich die Jugendlichen hier im „Haus St. Michael“ in Neustadt sehr gut betreut und vor allem richtig wohl fühlen. Sie sind im Fußballverein integriert und haben auch schon erste Freunde, die sie in regelmäßigen Abständen besuchen. Für die doch auch öfters traumatisierten Männer, die bis zu drei Jahre auf der Flucht waren, sei das Gefühl von Sicherheit und Fürsorge Balsam für die Seele, betonte Ilona Englert. Wichtig für eine positive Entwicklung wären aber trotzdem auch klare Regeln, die seitens der Jugendlichen einzuhalten sind und ein eingehalten werden. So gibt es zum Beispiel klar definierte Zeiten, ab wann die Jugendlichen wieder „Zuhause“ sein müssen. Bei der Beantwortung von Gottschalks Frage, wie Ihnen denn das Deutsche Essen schmecke, bekamen die Lohrer SPD'ler zu hören, dass vor allem Eier zu den Leibspeisen gehören. Aber auch heimische Gerichte aus den Herkunftsländern werden hin und wieder gekocht.
Ob und wie die politischen Vertreter helfen könnten, wollte Franz Wolf, SPD-Fraktionsvorsitzender im Kreistag, dann ganz konkret wissen. Das folgende Gespräch brachte für ihn und alle Anwesenden das Ergebnis, dass es im Rahmen der Flüchtlingspolitik und den damit verbundenen Verfahrensabläufen großen Bedarf an Nachbesserungen gibt. Eine Verweildauer in völlig überfüllten Aufnahmelagern von bis zu sechs Monaten sei keine Seltenheit. Gerade für die unbegleiteten Kinder und Jugendliche eine regelrechte Tortur. Diese Zustände sollten sich bei bis zu 150 neuen Flüchtlingen an einem Wochenende nicht gerade verbessern, teilte Frau Englert mit.
Große Sorge über die hohe Anzahl von Flüchtlingen brachte Frank Duckstein, stellvertretender Vorsitzender der Lohrer SPD, zum Ausdruck.“ Kommunen und Landkreise stehen vor einer sehr großen finanziellen Herausforderung“. Er wünsche sich eine höhere Entlastung durch die Staats- und Bundesregierung. Außerdem sei mehr Solidarität bei der Aufnahme von Flüchtlingen seitens der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union nötig. Thomas Damm von der Lohrer Tafel verwies in diesem Zusammenhang auch auf die Belastungen, die auf die Lohrer Tafel in den nächsten Monaten zukommen wird. Das ehrenamtliche Engagement sei riesengroß, man dürfe es aber nicht überfordern.
Beim Thema Schulbesuch nahm Franz Wolf, Mitglied im Ausschuss für Schulen, Sport und Kultur des Landkreises, mit großer Verwunderung zur Kenntnis, dass gerade einmal 16, für die Ausbildung der Jugendlichen notwendige, Berufsschulplätze im Landkreis Main-Spessart existieren. Bereits heute werden aber schon 75 Plätze benötigt. Für ihn bestehe in diesem Fall akuter Handlungsbedarf. Für den Jusos-Vertreter der Lohrer SPD, Marc Nötscher, ist das sogar eine gezielte Verhinderung der Integration von Flüchtlingen in unsere Gesellschaft. Für ihn sei gerade die Schul- und Berufsausbildung einer der wichtigsten Bausteine im Integrationsprozess junger Menschen überhaupt.
Abschließend bedankten sich die Lohrer SPD'ler für die interessanten Einblicke in die großartige Arbeit, die das „Haus St. Michael“ leistet. Sehr erfreut nahm man auch zur Kenntnis, dass ab 01.09.2015 eine zweite Gruppe für Unbegleitete Minderjährige eröffnet wird. Man war sich jedoch einig, dass neben der Flüchtlingshilfe alles dafür getan werden muss, dass in den Herkunftsländern der Flüchtlinge wieder Lebensbedingungen herrschen, die eine baldige Rückkehr, vor allem für die zahlreichen Menschen die sich in ihre Heimat zurücksehnen, möglich und erstrebenswert machen. Auch müsse neben dem großen gesellschaftlichen Engagement für Asylbewerber die Hilfsbereitschaft für sozial bedürftige Deutsche Staatbürger fortbestehen.
Während man in den angesprochenen Problembereichen noch einige Zeit auf befriedigende Lösungen warten muss, konnte in anderen Bereichen bereits geholfen werden. So konnte sehr schnell nach dem Besuch durch Thomas Damm geklärt werden, dass ein Jugendlicher dem Lohrer Leichtathletikverein beitreten konnte. Des Weiteren konnten auch bestehende Fragen, die bei Praktikumsstellen im Zusammenhang mit dem neuen Mindestlohngesetz entstehen, beantwortet werden. Ortsvorsitztender Sven Gottschalk nahm diesbezüglich direkten Kontakt mit dem Bundestagsabgeordneten und stellv. Sprecher der Arbeitsgruppe Arbeit und Soziales, Bernd Rützel, auf, und konnte kurze Zeit später die entsprechen Informationen an Frau Englert weiterleiten.
Zudem soll der Zugang zum Arbeitsmarkt für junge Flüchtlinge erleichtert werden. Das Bundeskabinett hat eine entsprechende Verordnung beschlossen, wonach nun berufsvorbereitende Praktika unkompliziert möglich sind. Und Arbeitsministerin Nahles treibt die Entwicklung weiter voran. Das Ziel: Schnellere und bessere Integration – auch durch eigene Erwerbstätigkeit.