Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, „Die Arbeit der Zukunft gestalten wir!“ so lautet das Motto unserer diesjährigen 1. Mai-Feiern. Jawohl wir wollen die Arbeit der Zukunft gestalten. Und in diesem Jahr wollen wir uns in erster Linie gegen prekäre Beschäftigung und Niedriglöhne wenden. Ausbeutung und Niedriglöhne haben in einem reichen Land wie Deutschland absolut keine Berechtigung.
Wir feiern den 1. Mai als Tag der Arbeit aber auch zum 125. mal. Auch daran will ich erinnern. 1890 ist die Arbeit aus dem Abseits des politischen Bewusstseins in das Zentrum der Betrachtungen gerückt. Und dies war und ist immer noch wichtig. Ein Blick in die Gegenwart beweist dies deutlich. Da beschließt die CSU in der großen Koalition den Mindestlohn mit, die Abgeordneten der CSU stimmen im Bundestag zu und der Vorsitzende Seehofer fordert bereits 11 Tage nach der Einführung des Gesetzes eine Entschlackung. Auf welcher Grundlage eigentlich? Was weiß die CSU denn schon konkret nach 11 Tagen? Da kann man doch nur auf Stimmungen reagieren und nicht auf Fakten. Oder auf die Einflüsterer der bayerischen Wirtschaft und ihrer Verbände. Der Mindestlohn stand schon nach wenigen Tagen im Feuer. Wir Kolleginnen und Kollegen haben lange, gemeinsam, überzeugend und erfolgreich für den Mindestlohn gekämpft. Sogar in der Bayerischen Verfassung wurde der Mindestlohn bereits verankert. Er hilft über drei Millionen Menschen , ihr Einkommen zu verbessern. Was war das für ein Geschrei im letzten Jahr. Über Arbeitsplatzvernichtung und Abwanderung von Firmen wurde schwadroniert. Massenentlassungen wurden prognostiziert. Nichts von dem ist eingetreten. „Der Mindestlohn ist ein Gesetz von historischem Ausmaß“, so die SZ München und weiter „der Mindestlohn ist eine der größten sozialpolitischen Reformen der Nachkriegsgeschichte! Den jetzt klagenden Arbeitgebern sei ins Stammbuch geschrieben: Den gesetzlichen Mindestlohn gibt es deshalb, weil ihr über Jahre die Löhne gedrückt und den billigen Jakob gemacht habt. Jetzt müsst ihr mit dem Mindestlohn leben. Und dies ist das Mindeste was wir Arbeitnehmer erwarten können. Wir haben im DGB gemeinsam für den Mindestlohn gestritten, weil wir ihn für richtig und wichtig halten. Das ist gelebte Solidarität zwischen allen Gruppen von Beschäftigten. So geht Einheit! So geht Gewerkschaft! Mit der Einführung des Mindestlohnes ist die immer Schülern unterstellte Rechenschwäche auch bei Arbeitgebern angekommen. Wer hätte gedacht, dass sich einige darüber beschweren, wie kompliziert es sei, die Arbeitszeit zu erfassen. Was soll daran kompliziert sein? Das ist doch einfaches Rechnen: Beginn der Arbeitszeit, Ende der Arbeitszeit, Anzahl der geleisteten Arbeitsstunden. Was ist daran bürokratisch oder monströs? Die Einführung des Mindestlohnes zeigt deutlich, wie schludrig die Arbeitszeit bisher erfasst wurde und wie lax die Berechnung der geleisteten Arbeitsstunden erfolgte. Wie haben eigentlich die Betriebe bisher ihre Lohnabrechnungen gemacht, wenn sie sich jetzt über die Erfassung der Arbeitszeit mokieren? Die Lohnfindung Pi mal Daumen ist endlich vorbei. Was sich die Arbeitgeber alles einfallen um den Mindestlohn zu umgehen erfahren wir über unsere Mindestlohn-Hotline: Es wird von Arbeitgebern behauptet, für bestimmte Tätigkeiten gelte der Mindestlohn nicht. Es wird die Arbeitszeit reduziert, so dass der Lohn gleich bleibt, die Arbeit aber in weniger Zeit geschafft werden muss. Es werden Zuschläge, Weihnachts- und Urlaubsgeld plötzlich in den Grundlohn eingerechnet. Es werden die Urlaubstage reduziert. Es werden Warte- und Bereitschaftszeiten nicht mehr bezahlt. Oder, kein Witz, es werden Gutscheine für Solarium oder Kino statt Mindestlohn ausgegeben. Es ist beschämend was wir von den Arbeitnehmern alles zu hören bekommen.
Damit der Mindestlohn wirklich flächendeckend greift und bei allen ankommt, brauchen wir weitere begleitende Maßnahmen. Wir wollen: Nicht mehr der Arbeitnehmer, sondern der Arbeitgeber soll nachweisen, welche Stunden tatsächlich geleistet wurden. Auch die Gewerkschaften sollen ein Recht haben, bei Verstößen gegen den Mindestlohn zu klagen. Die gesetzlichen Grundlagen zur Bekämpfung der Schwarzarbeit müssen verbessert und weitere Branchen in die erweiterte Aufzeichnungspflicht aufgenommen werden. Das gilt für Bäckereien und den Einzelhandel. Arbeitgeber sollen nicht mehr Arbeitsverträge ändern dürfen, wie es ihnen gefällt. Und damit die Bayerische Staatsregierung nicht nur die Arbeitgeber weiter in ihrem Kampf zur Aufweichung des Mindestlohnes unterstützt, soll sie aktiv werden und die Verfolgung bei Verstößen gegen den Mindestlohn effektiver gestalten. Die Betriebe, die weiter wursteln wollen wie bisher, müssen merken: Missbrauch des Mindestlohnes wird geahndet!
Energiewende
Die Energiewende in Deutschland und Bayern bleibt eine der größten Herausforderungen. Auch der Landkreis Main-Spessart will sich dieser Herausforderung stellen und strebt bis zum Jahr 2035 an energieautark zu werden. Ca. 40 Terrawattstunden wird die Stromlücke in Bayern 2022 betragen, wenn weiter nichts voran geht. Und wir werden von einem Ministerpräsidenten regiert, dessen Meinung sich dreht wie ein Windrad im Wirbelsturm.
2011 schreibt Seehofer in das „Bayerische Energiekonzept“, dass wir 1500 Windräder in Bayern benötigen und dass Stromtrassen von Nord nach Süd gebaut werden müssen, um den günstigen Windstrom den energieintensiven Betrieben in Bayern zukommen zu lassen. Heute schwirren Ideen durch die Staatskanzlei, die vom energieautonomen Bayern und von neuen Gaskraftwerken erzählen. Fukushima ist scheinbar schon zu lange her, denn sowohl Windräder sollen keine mehr gebaut werden, aber auch die Stromtrassen werden abgelehnt. Dies ist keine Energiepolitik, dies ist der pure Wahnsinn!
In Irsching steht das modernste Gaskraftwerk Europas vor dem Aus, da der hochgelobte Wettbewerb dieser Form der Energiegewinnung den Garaus macht. Dennoch will sich Seehofer von der Bundesregierung ein neues Gaskraftwerk bauen lassen und schiebt stets die Schuld nach Berlin ins Wirtschaftsministerium, wenn es mit der Energiewende in Bayern nicht klappt.
Eigeninitiative in Form eines belastbaren Konzepts – Fehlanzeige. Jetzt haben wir aber erst mal Grund zum Feiern. In wenigen Monaten geht das AKW Grafenrheinfeld vom Netz und am 31. Mai steigt das große Ausstiegsfest in Schweinfurt. Dieses Fest macht im Gegensatz zum Energiedialog richtig Hoffnung. In diesen Alibiveranstaltungen wurden gute Ideen entwickelt und praktische Anregungen zur Umsetzung erarbeitet. Viele unterschiedliche Verbände haben miteinander geredet und Kompromisse gesucht. Aber Alles ist der Seehoferschen Politik zum Opfer gefallen. Scheinbar hat unser Ministerpräsident die Devise des ehemaligen Wirtschaftsministers Zeil übernommen: Der Markt wird es schon richten. Dass der Markt auch zerstören kann, zeigt sich an Irsching, und das wird in der Staatskanzlei ignoriert. Diese Ignoranz setzt aber Arbeitsplätze und Wirtschaftskraft leichtfertig aufs Spiel.
Der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften stehen für eine umweltverträgliche, verlässliche, bezahlbare und wettbewerbsfähige Energieversorgung. Das ist eine grundlegende Voraussetzung für die industrielle Wertschöpfung, für Beschäftigung und für ein gutes Leben.
Was wir brauchen, ist Planungssicherheit. Planungssicherheit für die privaten Haushalte, Planungssicherheit für die Klein- und Mittelbetriebe, Planungssicherheit für die großen Unternehmen und Planungssicherheit für den öffentlichen Dienst. Und wir brauchen Planungssicherheit für die Beschäftigten in der Energiebranche. Was wir nicht brauchen, ist Seehofers Abwartetaktik und Blockadepolitik. Gerade im Landkreis Main-Spessart haben wir eine ganze Reihe energieintensiver Unternehmen, wie Bosch-Rexroth, Gerresheimer oder die beiden Zementwerke. Sie verbrauchen weitaus mehr Strom als der gesamte restliche Landkreis. Sie brauchen Versorgungssicherheit und daher brauchen wir auch Süd-Link, damit im Landkreis die Lichter nicht ausgehen. Im Norden unserer Republik wird 11x mehr Strom erzeugt, als dort vor Ort gebrauch wird. Da macht es doch Sinn, dass dieser Strom zu uns zu holen.
Nordbayern-Initiative
Der bayerische Heimatminister Söder hat eine sogenannte „Heimatstrategie“ auf den Tisch gelegt. Klingt heimelig, bringt aber nichts.
Teil davon ist die Nordbayern-Initiative. Fast 600 Mio. Euro sollen im Norden Bayerns verteilt werden und in ganz Bayern gleichwertige Lebensbedingungen herstellen. Nun wäre ja gegen die staatliche Finanzierung von Projekten zunächst nichts einzuwenden. Vor allem die Landkreise an der Landesgrenze zu Thüringen haben schließlich strukturelle Defizite. Leider geht das Geld aber an die Hochschulen und Universitäten in den größeren Städten. Und die schwächeren Landkreise gehen leer aus.
Die Nordbayern-Initiative als strukturpolitische Maßnahme? Fehlanzeige.
Die regionalpolitische Unterstützung, die diesen strukturschwachen Regionen helfen würde, die regionalen Wirtschaftskreisläufe wieder zu stabilisieren, bleibt leider aus. Allein der Ausbau der Infrastruktur in Form von Straßen, Schienen, ich denke an die Werntalbahn und Breitband wäre ein erster Schritt in die richtige Richtung. Aber nichts davon passiert oder jedenfalls viel zu langsam und zäh.
Auch die Behördenverlagerung geht an vielen Landkreisen spurlos vorüber. Auch wenn 2.200 Stellen über ganz Bayern hinweg verteilt werden, ist dies nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Außerdem ist das ein Projekt, das sich über mindestens zehn Jahre hinweg zieht. Und es werden damit ja keine neuen Stellen geschaffen sondern nur bestehende verlagert.
Worüber kaum jemand spricht, ist die Südbayern-Initiative. Dass diese mit fast 700 Mio. Euro deutlich reichlicher ausgestattet ist als die Unterstützung des Nordens, wird nicht öffentlich diskutiert. Allein der Raum München wird mit fast 250 Mio. Euro unterstützt. Das ist mehr, als ganz Mittelfranken und die Oberpfalz zusammen bekommen.
Was hat sich Seehofer nur dabei gedacht, die Strukturpolitik ins Finanzministerium zu verlagern? Früher konnte sich das Wirtschaftsministerium noch mit dem Finanzministerium um die Gelder streiten. Heute wird einfach so lange zusammengestrichen, bis die schwarze Null steht. Hauptsache ein ausgeglichener Haushalt – wie es den Menschen dabei geht, scheint immer mehr zur Nebensache zu werden. Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, der 1. Mai ist und bleibt der wichtigste politische Feiertag für uns Arbeitnehmer und er ist notwendiger denn je! Ich danke Euch für Eure Aufmerksamkeit.